
Rückblick:
Der Shutdown in den USA hält noch immer an und ist inzwischen der zweitlängste in der Geschichte. Trotzdem wurden die Inflationszahlen für September nun mit einigen Tagen Verzögerung veröffentlicht. Zwar stieg die Teuerung nicht so stark an wie befürchtet, doch liegt sie mit 3,0 % weiterhin deutlich über dem Zielniveau. Die Federal Reserve navigiert zunehmend im Nebel und musste ihre Entscheidung auch auf alternative Indikatoren stützen. Die Senkung um 25 Basispunkte wurde erwartet. Überraschend war jedoch, dass es neben dem Abweichler Miran, der eine größere Senkung forderte, mit Schmid einen zweiten (entgegengesetzten) Abweichler gab, der sich angesichts der anhaltend hohen Inflation gegen eine Senkung aussprach. Zudem hat Fed-Chef Powell erstaunlich deutlich klar gemacht, dass eine weitere Senkung im Dezember alles andere als eine ausgemachte Sache sei. Bislang preiste der Markt diese aber fest ein.
In Europa wurden derweil die BIP-Wachstumszahlen für das dritte Quartal veröffentlicht. Während Italien leicht hinter den Erwartungen blieb, konnte Frankreich positiv überraschen. Trotz Regierungskrise stieg das BIP um 0,5 % während der Konsens nur von 0,1 % ausgegangen war. Die Stagnation (0,0 %) in Deutschland wurde antizipiert (die Revision des zweiten Quartals zeigt einen etwas geringeren Rückgang als befürchtet: -0,2 % statt -0,3 %). Damit lag das Wachstum im Euroraum mit 0,2 % etwas über dem prognostizierten Niveau. Außerhalb des Euroraums konnte Schweden mit 1,1 % erstaunlich stark wachsen.
Ausblick:
Selbst bei einem zeitnahen Ende des Shutdowns dürfte es zu Verzögerungen bei der Publikation von US-Daten kommen. Zudem könnte es erstmal überhaupt keine Inflationsdaten für Oktober geben, da in diesem Monat keine Daten erfasst wurden. Da der Shutdown inzwischen fast einen Monat anhält, damit 670.000 Staatsbedienstete im unbezahlten Zwangsurlaub sind und weitere 730.000 Menschen unbezahlt weiterarbeiten, sollte es nun auch leichte ökonomische Auswirkungen geben. Diese dürften jedoch nachträglich aufgeholt werden.
Deutschland: Auftragseingang und Industrieproduktion

Die deutsche Industrieproduktion ist seit 2018 in einem Abwärtstrend. Zuletzt hatte es den Anschein als ob sich Ende letzten Jahres ein Boden gebildet haben könnte. In den Zahlen von August gab es dann jedoch einen herben Rücksetzer: die Produktion fiel um 4,3 %. Einen solchen Einbruch gab es seit der Finanzkrise nur in vier Monaten, zwei davon waren unmittelbar nach Ausbruch der Corona-Pandemie. Besonders stark war der Sturz in der Automobilbranche. Dort fiel die Produktion um ganze 18,5 %. Dies geht weit über das Ausmaß hinaus, was auf die US-Zölle zurückzuführen wäre. Als Erklärungen wurden vom Statistikamt Werksferien (wobei die Daten kalender- und saisonbereinigt sind) und Produktionsumstellungen genannt. Auf Basis der Stimmungsindikatoren sollte sich die Lage nun aber wieder bessern. Wir gehen davon aus, dass es in den September-Zahlen eine Gegenbewegung geben wird. Da diese aber wohl nicht im gleichen Maße positiv ausfallen dürfte, bliebe unterm Strich ein negatives Ergebnis für beide Monate zusammengenommen. Insgesamt liegt die Industrieproduktion in Deutschland derzeit auf dem Niveau von Anfang 2010 bzw. Mitte 2005.
USA: Verbrauchervertrauen Uni Michigan

Die Stimmungsindikatoren für die US-Konsumenten sind weiterhin auf niedrigen Niveaus. Das von der Universität Michigan ermittelte Verbrauchervertrauen ist nach einer Zwischenerholung im Sommer zuletzt wieder deutlich gefallen. Mit 53,6 Punkten ist der Stand im Oktober nur unwesentlich höher als unmittelbar nach dem „Liberation Day“ oder nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine. Auch der Indikator des Conference Boards bleibt gedämpft. Gleichzeitig zeigen sich die Einzelhandelsumsätze und der Privatkonsum im allgemeinen vergleichsweise stabil. Eine mögliche Erklärung für diese Diskrepanz ist die zunehmende Ungleichheit in den USA, wo die Volkswirtschaft teilweise als „K-shaped economy“ bezeichnet wird. Wohlhabende Konsumenten stellen den nach oben gerichteten Strich im „K“ dar. Sie profitieren von steigenden Aktienkursen („wealth effect“) und zeigen sich einkaufsfreudig. Der ärmere Teil der Bevölkerung wird durch den nach unten gerichteten Strich repräsentiert. Er ist besonders stark von der Inflation betroffen und muss seine Ausgaben auf das Wesentliche reduzieren. Während bei den Stimmungsumfragen jede Stimme gleichgewichtet wird, werden die tatsächlichen Konsumausgaben umsatzgewichtet. Diese Erklärung würde sich auch damit decken, dass inzwischen fast die Hälfte des Privatkonsums von dem reichsten Zehntel der US-Amerikaner getätigt wird.


