Norwegen lässt Leitzins bei 4,50%

veröffentlicht am 3. Mai 2024

Norwegen lässt Leitzins bei 4,50%

 

Die norwegische Notenbank Norges Bank ließ die Key Policy Rate auch im Mai erwartungsgemäß unverändert bei 4,50%. Die aktuellen Daten signalisieren gemäß Norges Bank, dass eine restriktive Geldpolitik länger als erwartet erforderlich sein könnte. In den Projektionen vom März ging sie davon aus, dass am aktuellen Satz voraussichtlich bis zum Herbst 2024 festgehalten wird.

Sollte sich die Wirtschaft allerdings stärker abschwächen oder die Inflation schneller zurückkommen, kann der Leitzins auch früher gesenkt werden. Sollte die Norwegische Krone jedoch weiter zur Schwäche neigen oder die Inflationsrate wieder anziehen, kann die Key Policy Rate auch erneut angehoben werden.

Zinssenkung erst 2025
Die Notenbank-Projektionen wurden zuletzt im März erstellt und werden im Juni aktualisiert. Leitzinssenkungen sind bisher erst im Jahr 2025 vorgesehen. Die Norges Bank erwartet eine jahresdurchschnittliche Key Policy Rate von 4,40% in 2024, 3,90% in 2025, 3,30% in 2026 und 2,90% in 2027.

Inflationsrate noch zu hoch
Der Preisauftrieb hat sich zwar weiter ermäßigt, ist jedoch immer noch zu hoch. Die Notenbank betrachtet dabei vor allem die um Steuern und Energiepreise bereinigte „Kernrate der Inflation“ (CPI-ATE), deren Zielwert vom norwegischen Finanzministerium auf 2,0% festgelegt wurde. Sie lag im März bei 4,5% und soll zur Jahresmitte auf 3,9% zurückgehen.

Die CPI-ATE wird gemäß der Norges Bank den Zielwert von 2,0% auch in den kommenden Jahren deutlich überschreiten. Die Notenbank rechnete in ihren Projektionen vom März mit Jahresdurchschnittswerten von 4,1% in 2024, 3,2% in 2025, 2,7% in 2026 und 2,3% in 2027.

Wenig Wachstum
Mit einem Plus des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 0,3% zum Vorquartal blieb Norwegen im Auftaktquartal 2023 noch auf dem Wachstumspfad, ehe im Sommerhalbjahr eine technische Rezession durchlaufen wurde. Das Schlussquartal fiel dann mit einem Quartalsplus von 1,5% überraschend stark aus. Im Gesamtjahr 2023 ergab sich ein BIP-Plus von 0,8%.

Aktuell ist die Konjunktur relativ schwach, das Wachstum ist gering. Die Norges Bank erwartet im 1. Halbjahr eine Stagnation, der lediglich eine moderate Erholung folgt. Erst für 2025 wird wieder eine deutlich höhere Wachstumsrate erwartet.

Die Norges Bank rechnet in ihren Projektionen vom März mit BIP-Zuwächsen von 0,4% in 2024, 1,8% in 2025, 0,5% in 2026 und 0,7% in 2027. Wir halten den 2024er Wert für zu gering, zumal ein statistischer Überhang aus dem Vorjahr von 0,8% vorhanden ist.

In den März-Projektionen unterstellte die Norges Bank, dass sich der Ölpreis langsam abschwächt. Sie erwartet beim Barrel Nordseeöl Brent durchschnittliche Preise von 83,6 USD in 2024, 78 USD in 2025, 77,4 USD in 2026 und 72,1 USD in 2027.

Schwache Krone beunruhigt
Norwegens Reichtum gründet auf der Öl- und Gasförderung in der Nordsee. Die Norwegische Krone (NOK) bewegt sich als „Ölwährung“ üblicherweise im Gleichschritt mit dem Ölpreis. Sie entwickelte sich seit Anfang 2022 jedoch erstaunlich schwach und machte auch den jüngsten Anstieg des Ölpreises nicht mit. Seit Jahresbeginn liegt sie gegenüber dem Euro gut 3% hinten.

Der Norges Bank bereitet die Schwäche der Krone unverändert Sorgen, denn die Abwertung verteuert die Einfuhren (importierte Inflation) und verstärkt den Preisauftrieb. Sie beobachtet den Wechselkurs daher sehr genau. Sollte er erneut zur Schwäche neigen, dürfte die Notenbank dies zum Anlass nehmen, den Leitzins noch weiter anzuheben.

Staatsfonds GPFG seit 1998
Seit 1998 investiert Norwegen die Gewinne aus dem Öl- und Gasverkauf in den Staatsfonds „Government Pension Fund Global“ (GPFG). Mit einem aktuellen Marktwert von 17,5 Bill. NOK bzw. 1,5 Bill. EUR zählt er zu den größten der Welt. Der GPFG hält Anteile an 8.859 Unternehmen in 72 Ländern und erzielte seit 1998 eine durchschnittliche jährliche Rendite von 6,1%. Im 1. Quartal 2024 wurde ein Plus von 6,3% erwirtschaftet. Rund 70% des Fonds sind in Aktien, knapp 3% in Immobilien und rund 27% in Anleihen investiert.

Fazit: Der Wechselkurs der Krone spiegelt die aktuelle Schwächephase Norwegens wider. Sollte sie weiter abwerten, dürfte die Norges Bank den Leitzins anheben.