- Der US-Dollar hat seit März rund 10% abgewertet
- Die Abweichung vom „kaufkraftparitätischen“ Wechselkurs ist auf die Sonderstellung als Welthandels- und Reservewährung zurückzuführen
- In der langfristigen Sicht ist er kaum mehr überdurchschnittlich fest
- Im Ausblick nur geringe Abwertung erwartet, aber latente Gefahr für Schwächeanfälle
Jüngste Entwicklung: deutliche Abwertung seit März
Der US-Dollar-Index (DXY), der den Wert mittels eines Währungskorbs aus den handelsgewichteten Währungen Euro, Japanischer Yen, Britisches Pfund, Kanadischer Dollar, Schwedische Krone und Schweizer Franken angibt, ist von Mitte 2021 bis Herbst 2022 aufgrund der schnell und großen Leitzinsanhebungen der Fed um über 25% gestiegen. Erst als auch die EZB im Herbst 2022 entschieden nachzog, korrigierte der DXY wieder. Rund zwei Jahre lang bewegte sich der Wechselkurs des Euro danach in einem Band zwischen 1,04 und 1,12 US-Dollar.
Nach Trumps Wahlsieg stiegen die Sorgen, dass der Greenback wegen der starken US- und der schwachen Euroraum-Konjunktur so fest werden könnte, dass er gar die Parität zum Euro durchbrechen würde. Die Richtung der Entwicklung drehte sich dann aber schneller als von vielen Experten erwartet. Erst führte das Fiskalpaket nach den Neuwahlen in Deutschland für eine Kräftigung des Euros. Danach schwächte Trumps Handels- und Wirtschaftspolitik den US-Dollar. Die Zollankündigungen im Rahmen des „Liberation Day“ und Irritationen um Trumps Sicht auf US-Notenbankchef Powell säten Zweifel am Greenback als sicheren Hafen. Damit wertete die US-Währung seit Anfang März etwa 10% gegenüber dem Euro auf derzeit rund 1,14 ab.

Wechselkurs gemäß Kaufkraftparität: Diskrepanz reduziert
Dem US-Dollar kommt in der aktuellen Handelsdebatte und Zollpolitik eine zentrale Rolle zu. Unter anderem stört sich Trump daran, dass dieser zu stark sei und US-Unternehmen deshalb einen unfairen Exportnachteil im internationalen Wettbewerb hätten. Tatsächlich ist der Greenback aktuell deutlich mehr wert, als er es gemäß Kaufkraftparität, ein Indikator für das langfristige Gleichgewicht, sein sollte. Dieser, auf Basis von Preisniveauunterschieden ermittelte, „faire Wechselkurs“ läge, je nach Berechnungsmethode, zwischen 1,25 und 1,45 US-Dollar pro Euro. Die außergewöhnliche US-Dollar-Stärke ist auf die herausragende Rolle als Welthandels- und Reservewährung zurückzuführen und bringt andererseits der US-Regierung den Vorteil, sich vergleichsweise günstig zu verschulden. Zudem verbilligt ein starker Greenback Importe.

Langfristige Sicht: nur noch geringfügig über Durchschnitt
Der DXY wurde im März 1973, nach Ende des Bretton-Woods-Systems von der Fed mit einem Basiswert von 100,00 veröffentlicht und einige Jahre zurückgerechnet. Mit Blick auf die langfristige Entwicklung verlor der Index in den 1970er Jahren fast 30%, verdoppelte sich von diesem Niveau dann aber bis 1985 fast und erreichte über 160 Zähler. Die damalige restriktive Geldpolitik und die hohe staatliche Kreditnachfrage führten zu einem steigenden Zinsniveau in den USA und damit zu einer hohen US-Dollar-Nachfrage. Dies vergünstigte Importe und verteuerte Exporte, weshalb das Handelsdefizit erst um das 1,5-fache und später sogar auf das bis zu 7,5-fache anstieg.
Aufgrund der außerordentlichen Stärke des Greenback wurde das Plaza-Abkommen geschlossen, mit dem Ziel die Währung kontrolliert abzuwerten. Innerhalb von drei Jahren wurde der DXY wieder auf das Niveau von 85 Punkten Anfang der 1980er Jahre zurückgeführt, also nahezu halbiert.
Annähernd ähnlich große Bewegungen gab es dann erst wieder um die Jahrtausendwende. Bis Mitte 2001 wertete der US-Dollar-Index um fast 50% (von 81 auf 120 Zähler) auf. Nach dem Anschlag vom 11.September setzte die Gegenbewegung ein und der Wert sank um rund 1/3 – also wieder etwa auf das Ausgangsniveau von 81 Punkten. Im Rahmen der Finanzkrise erreicht der DXY dann seine historischen Tiefstwerte von etwa 72 Punkten. Seither dominierte – in langfristigen Zyklen betrachtet – die Aufwertungsphase. Zunächst im Rahmen der Euro-Krise um gut 20% (von 80 auf 96 Zähler) und dann nochmal nach dem Inflationsschub ab Mitte 2021 um zeitweise bis zu 25% (von 90 auf zeitweise 112 Punkte).
Mit aktuell 99 Zählern liegt der DXY nur geringfügig über seinem langfristigen Durchschnitt der letzten 50 Jahre von 97 Punkten. Auf Basis dieses Indikators wäre der Greenback momentan also weder außergewöhnlich stark noch schwach. Historisch „erwähnenswert“ wäre wohl erst eine Abwertung auf 85 Punkte oder weniger, also um weitere 15%.

Ausblick: derzeit im Gleichgewicht, aber latent abwertungsgefährdet
Für den weiteren Jahresverlauf dürfte der Wechselkurs durch politische Äußerungen recht schwankungsanfällig sein und könnte punktuell kräftig abwerten. Ursachen könnten fragwürdigen Äußerungen Trumps oder eine negative Wahrnehmung der Wirtschaftspolitik sein – beispielweise, wenn Steuersenkungen eher als Verschlechterung der Bonität der Staatsfinanzen oder Deregulierung als weniger verlässlicher Rechtsrahmen statt als Wachstumstreiber wahrgenommen werden. Grundsätzlich sollte aber die fundamentale konjunkturelle Entwicklung und Zinsdynamik entscheidend sein. Wir gehen von einer deutlichen Abkühlung in den USA aus, so dass der BIP-Zuwachs beidseits des Atlantiks etwa gleich groß ausfallen dürfte. In den Staaten rechnen wir mit einer deutlich höheren Inflation, aber auch mit einem deutlich höheren Leitzinsniveau. Unsere Prognose liegt bei 1,15 US-Dollar pro Euro zum Jahresende 2025 und 1,20 US-Dollar für 2026.
Exkurs: Mar-a-lago Accord
Unter dem Begriff „Mar-a-Lago Accord“ kursieren Pläne zu einer Abwertung der US-Währung. Andere Regierungen sollen freiwillig oder durch Druck dazu gebracht werden, ihre Devisen in US-Staatsanleihen mit 100-jähriger Laufzeit zu tauschen und/oder Nutzungsgebühren für den US-Dollar zu entrichten. Ein wesentlicher Unterschied zum Plaza-Abkommen von 1985, in dessen Anlehnung der Name entstand, ist jedoch, dass sich der Wert des US-Dollar damals innerhalb von 5 Jahren fast verdoppelte. Diesmal baute sich die Stärke sukzessive auf und die Steigerung des handelsgewichteten Index DXY liegt seit 2014 „nur“ bei rund 30 Prozent. Auch wenn sich die US-Regierung zuletzt durchaus bereit gezeigt hat, eine unkonventionelle und unorthodoxe Wirtschaftspolitik zu verfolgen, dürfte ein „Mar-a-Lago Szenario“ in dieser Form reine Theorie bleiben. Wohl aber sollte man den Wunsch des US-Präsidenten für eine schwächere Währung zur Kenntnis nehmen und entsprechend nicht zu große Wechselkursrisiken eingehen.