Der Fokus der Börsianer liegt derzeit vor allem auf den US-Importzöllen. Die Nachricht, dass die USA und Kanada ihre Handelsgespräche wieder aufgenommen haben, befeuerte die Hoffnung auf eine weitere Entspannung in den US-Handelskonflikten. Laut dem US-Präsidenten ist auch der 9.Juli, der Zeitpunkt, an dem die Zollaufschiebung gegen viele US-Handelspartner enden soll, weder in die eine noch in die andere Richtung in Stein gemeißelt. In diesem auf Entspannung gerichteten Marktumfeld setzte sich die Aufwärtsentwicklung beim Nasdaq 100 und dem S&P 500 weiter fort. Schwache Arbeitsmarktdaten am Mittwoch wurden nach Bekanntwerden des Handelsabkommens zwischen den USA und Vietnam schnell wieder abgeschüttelt und schickten den S&P 500 auf einen neuen Rekordstand.
Das immense und umstrittene Ausgaben- und Steuergesetz („Big Beautiful Bill“), ein Kernstück von Trumps politischer Agenda, hat nach einer Marathonsitzung im Senat eine zentrale Hürde genommen. Obwohl es in einigen kontroversen Punkten abgemildert wurde – beispielsweise wurde die Strafsteuer für ausländische Investoren („Section 899“) gestrichen – dürfte das Gesetz vor allem langfristig viele strukturelle Änderungen in den USA zur Folge haben. Für die Kapitalmärkte sind auf der positiven Seite vor allem die Steuererleichterungen für große Unternehmen relevant. Negativ dürfte sich hingegen die Umverteilung von den unteren in die obersten Einkommensschichten auswirken, da dies den Konsum beeinträchtigen dürfte. Der mit dem Gesetz einhergehende Anstieg der Staatsschulden dürfte vor allem für die Anleihemärkte mit daraus resultierenden Zinssteigerungen von Bedeutung sein.
In den heimischen Gefilden bleibt der DAX weiterhin unter der Marke von 24.000 Punkten. Im Juni verzeichnete der deutsche Leitindex insgesamt ein leichtes Minus von
0,4 %. Der Euro knüpfte nahtlos an seine starke Wertentwicklung aus dem ersten Halbjahr an. Am Dienstag überschritt der Wechselkurs zum US-Dollar die Marke von 1,18, was vor allem auf die US-Wirtschaftspolitik zurückzuführen sein dürfte.
Die Inflation im Euroraum bleibt weiterhin unter Kontrolle. Nicht zuletzt dank niedriger Energiepreise (der Ölpreisanstieg aufgrund der Eskalation zwischen Israel und dem Iran war nur von kurzer Dauer) und des nach wie vor starken Euros stieg die Inflationsrate im Währungsraum im Juni lediglich leicht auf die 2-Prozent-Zielmarke der EZB an. Auf Länderebene innerhalb des Euroraums waren die Inflationsdaten gemischt, was aber nichts an den Inflationserwartungen der EZB ändern dürfte.
Wie geht es weiter?
Auch wenn Donald Trump verlautbart hat, dass der Zollaufschub nicht zwangsläufig am 9. Juli enden müsse, dürfte der Countdown bis zum Ablauf des offiziellen Aufschubs für die Märkte zunehmend an Brisanz gewinnen und Spekulationen befeuern. Der Termin wird voraussichtlich weder zu einem „Liberation Day 2.0” werden noch komplett ereignislos im Sand verlaufen.
Zudem stehen wichtige Veröffentlichungen im Kalender der Börsianer an. Die heutigen US-Arbeitsmarktdaten dürften Rückschlüsse auf den weiteren geldpolitischen Kurs der Fed geben. Sollte der US-Arbeitsmarktbericht ebenfalls schwächer ausfallen, wächst der Druck auf die Fed, den Leitzins früher zu senken, als ihr mit Blick auf die Inflationserwartung lieb ist. In der nächsten Woche wartet vor allem China mit einer Fülle von Daten auf, die wichtige Einblicke in die Konjunktur der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft bieten werden.
Auch wenn die Zeichen aktuell eher auf Entspannung stehen, dürften sich die ersten Monate des neuen Börsenhalbjahres aufgrund der vielen schwelenden Risikofaktoren – wie der Zollpolitik, dem Konflikt im Nahen Osten und dem Ukraine-Krieg – eher holprig gestalten. Erwartbare Kursrücksetzer könnten jedoch interessante Einstiegspunkte eröffnen.