Zölle, Zinsen und Zahlen
Im Handelsstreit mit den USA hat Japan diese Woche wohl eine Einigung erzielt. Künftig sollen japanische Importe mit einem Zollsatz von 15 % belegt werden. Darüber hinaus soll das Land der aufgehenden Sonne mehr Investitionen in den USA tätigen und mehr amerikanische Produkte kaufen. Die Hoffnung auf ein ähnliches Resultat im Zollstreit zwischen den USA und der EU sorgte für gute Stimmung auf dem Parkett und beförderte den deutschen Aktienleitindex DAX rund 500 Punkte über die zuletzt angetastete Marke von 24.000 Punkten. Der S&P 500 erreichte gestern abermals einen neuen Rekordhöchststand.
Auf der Konjunkturseite standen vor allem die Einkaufsmanagerindizes im Euroraum und in Deutschland im Fokus. Hier kam es zu geringen Bewegungen. Eine Einigung im Handelsstreit könnte zwar zu mehr Gewissheit und Planbarkeit für die Unternehmen führen, die Zölle dürften jedoch spürbar belastend wirken.
Inmitten des eingetrübten und ungewissen ökonomischen Umfelds schreitet die Berichtssaison weiter voran. Trotz der großen Zollunsicherheit zeigten sich die US-Märkte zuletzt mit dem Erreichen neuer Rekordstände als resilient. Von den ersten im S&P 500 gelisteten Unternehmen, die bereits ihre Ergebnisse veröffentlicht haben, konnten die meisten die Gewinn- und Umsatzerwartungen übertreffen. In den heimischen Gefilden verläuft die Berichtssaison bislang eher durchwachsen, hat aber auch noch eine längere Wegstrecke vor sich.
Wie geht es weiter?
Wie erwartet hat die EZB ihren Leitzins heute bei 2,0 % belassen. Auch in der Kommunikation gab es im Vergleich zu ihrem letzten Treffen wenig Neues. Die EZB-Umfrage zum Kreditgeschäft, ein wichtiger Indikator zur Messung der Übertragungsstärke von Leitzinsen auf Kreditkonditionen im Euroraum, zeigte diese Woche einen leichten Nettoanstieg der Kreditnachfrage im zweiten Quartal. Insbesondere im Bereich der Unternehmenskredite fiel diese jedoch insgesamt schwach aus, wobei es große Unterschiede zwischen den einzelnen Euro-Ländern gab. Vor dem Hintergrund eines durch Zölle bedingten Wachstumsdämpfers im Euroraum erwarten wir nach wie vor, dass die Notenbank zur weiteren Stimulierung der Wirtschaft in diesem Jahr noch eine Senkung des Leitzinses auf 1,75 % vornehmen wird.
Im weiteren Verlauf der Berichtssaison dürften bei einzelnen Unternehmen Überraschungen zu erwarten sein, da Zölle und Wechselkurseffekte Unternehmen auch innerhalb einzelner Sektoren unterschiedlich stark beeinflussen dürften. Insgesamt darf jedoch nicht vergessen werden, dass die Veröffentlichung der Quartalszahlen noch im Gange ist und viele Finanzmarktteilnehmer üblicherweise bereits das folgende Jahr im Blick haben. Sowohl diesseits als auch jenseits des Atlantiks könnten sich bei Einzeltiteln interessante Ein- und Ausstiegspunkte ergeben. Dabei sollte die Robustheit des Gesamtportfolios nicht aus den Augen verloren werden.