- 2025Q1 mit -0,3% erstmals negativ seit 12 Quartalen
- US-Wirtschaft zuletzt Antreiber der Weltkonjunktur
- Arbeitsmarkt weitgehend im Gleichgewicht
- Verbraucher und Unternehmen verunsichert
- Im Ausblick wohl mit Stagnation, aber ohne „handfeste“ Rezession
BIP-Wachstum im 1.Quartal 2025: durch Außenhandel belastet
Gemäß Bureau of Economic Analysis (BEA) sank die Bruttowertschöpfung in den USA im 1.Quartal 2025 annualisiert um 0,3%. Der Konsens war von einem leichten Plus von 0,3% ausgegangen, wurde also negativ überrascht. Ursächlich war in erster Linie der Außenhandel. Zwar war der enorme Importanstieg zum größten Teil auf Goldeinfuhren zurückzuführen, die für die BIP-Ermittlung herausgerechnet werden, da Gold nicht produktiv ist. Doch auch andere Güter wurden offensichtlich noch im ersten Quartal in die USA verschifft, um Zöllen zuvor zu kommen. Da die Exporte im gleichen Zeitraum nahezu unverändert blieben, fiel die Außenbilanz damit stark negativ aus und trug -4,8 Prozentpunkte zum Wachstum bei.
Viele der vorgezogenen Importe landeten zunächst im Vorrat. Die entsprechende Lagerhaltung wird als Bestandteil der Investitionen geführt und ihr Wachstumsbeitrag lag bei 2,3 Prozentpunkten. Die „wirklichen“ Investitionen steuerten 1,3 Prozentpunkte bei, wobei alleine 1,0 Prozentpunkte davon auf IT-Infrastruktur (information processing equipment), also vermutlich Datencenter, zurückzuführen war. In Summe beläuft sich der Wachstumsbeitrag also auf 3,6 Prozentpunkte.
Der größte und wichtigste Bestandteil, die privaten Konsumausgaben, war mit einem Beitrag von 1,2 Prozentpunkten zwar positiv, ist aber so niedrig wie zuletzt Mitte 2023. Insgesamt war der Privatkonsum jedoch nicht so stark gedämpft, wie es Stimmungsumfragen zuvor vermuten ließen. Die von der Fed besonders beachten Verkäufe an inländische Privatverbraucher (final sales to private domestic purchasers) stiegen sogar stärker als in den Vorquartalen.
Die Staatsausgaben lieferten mit -0,3 Prozentpunkten erstmals seit fast 3 Jahren einen negativen Wachstumsbeitrag. Mit Blick auf die Veränderung zum Vorquartal (statt auf den Wachstumsbeitrag), zeigt sich, dass die Verteidigungsausgaben um 8% zurückgefahren wurden und andere Staatsausgaben lediglich um 1%. Damit bleibt die Frage offen, wie viel der Einsparung tatsächlich auf DOGE, die von Elon Musk geleitete Effizienzeinheit, zurückzuführen ist.
Im laufenden Quartal könnte sich der Effekt aus dem Außenhandel umdrehen. Die Importe dürften rückläufig sein und die Lagerhaltung abgebaut werden. Der Privatkonsum könnte davon profitieren, dass Verbraucher Güter früher kaufen, um höheren Preisen durch Zolleinführungen zuvor zu kommen. Investitionen dürften dagegen aufgrund des unsicheren Rahmens leiden. Damit könnte auch das zweite Quartal rückläufig ausfallen und eine technische Rezession eintreten.

US-Wirtschaft in der Vergangenheit: herausragend
In den vergangenen Jahren waren die USA die Konjunkturlokomotive der Weltwirtschaft. Wachstumsraten von annährend drei Prozent (2023: 2,9%; 2024: 2,8%) zeugen davon, dass die US-Ökonomie von den hohen Leitzinsen, der starken Währung, den geopolitischen Spannungen und der Wachstumsschwäche in anderen Regionen der Welt gänzlich unbeeindruckt war. Vielfach war und ist von der „Teflon-Ökonomie“ die Rede. Dieser US-Exzeptionalismus basierte im Wesentlichen auf dem steigenden Privatkonsum und dem robusten Arbeitsmarkt sowie hohen Investitionen in IT-Infrastruktur und geistiges Eigentum (z.B. Software) im Zuge der KI-Entwicklungen.
Arbeitsmarkt: solide
Der US-Arbeitsmarkt präsentierte sich zuletzt solide. Gemäß US Bureau of Labor Statistics ist die Arbeitslosenquote im Februar zwar entgegen der Markterwartung leicht auf 4,1% gestiegen. Doch ist dieser Wert historisch gesehen niedrig. Zudem war die Anzahl der neu geschaffenen Arbeitsplätze mit 151 Tausend befriedigend. Die Revision der beiden Vormonate fällt kaum ins Gewicht, da in Summe lediglich 2 Tausend weniger Stellen geschaffen wurden. Auch der Lohnanstieg war mit 0,3% zum Vormonat unauffällig.

Verbraucherstimmung: stark verunsichert
Der private Konsum macht über die Hälfte der BIP-Verwendung aus, weshalb ein Blick auf die Stimmung der Verbraucher wichtig ist. Diese hat sich in den letzten Monaten dramatisch eingetrübt. Das Verbrauchervertrauen gemäß Conference Board ist im April mit 86,0 Punkten deutlich gegenüber dem Stimmungshoch im November gefallen. Die von der Uni Michigan abgefragte Konsumentenstimmung ist auf den tiefsten Stand seit über zwei Jahren gefallen. Offensichtlich sorgt die Handels- und Wirtschaftspolitik der neuen Trump-Administration für erheblicher Verunsicherung bei privaten Haushalten.

Einkaufsmanagerindizes: Schwach, aber im Expansionsbereich
Der S&P-Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor schwankt derzeit erheblich. Im April steht er mit 51,4 Punkten wieder deutlich tiefer als im Jahresverlauf 2024. Der entsprechende Industrie-Index hält sich mit 50,7 Zählern noch knapp über der Wachstumsschwelle von 50 Punkten. Das Gesamtbild spricht für ein deutlich gedämpftes, aber immerhin positives Wachstum.

Ausblick für die US-Konjunktur: deutliche Abkühlung
Zuletzt war die US-Wirtschaft das Maß der Dinge. Getrieben wurde sie durch (1) technischen Fortschritt und einen kontinuierlichen Strom von (2) Kapital und (3) Menschen in die größte Volkswirtschaft. Durch das Verprellen aller Verbündeter („America only“ statt „America first“) und das Stoppen von Migration könnte dieser Zustrom versiegen und damit zwei von drei Wachstumstreibern einbrechen. Wenn außerdem US-Unternehmen mit Zöllen künstlich vor ausländischem Wettbewerb geschützt werden, könnte sogar die Innovationskraft leiden. Mit seinem Hin und Her bei der Einführung von Zöllen macht Trump zudem den nationalen wirtschaftspolitischen Rahmen unberechenbar und stiftet Unsicherheit. Vertrauen als wichtigste Währung bei Investitionsentscheidungen geht dabei verloren.
Das von der Atlanta Fed entwickelte und viel beachtete Prognosemodell GDPNow sagt derzeit eine BIP-Veränderung von 2,4% für das zweite Quartal 2025 voraus. Allerdings ist bislang erst einer von drei Monaten verstrichen und die Datenlage entsprechend dünn.
Wir selbst gehen von einer Kontraktion aus. Der „Liberation Day“ am 2.April dürfte für Verwerfungen gesorgt und zu Verschiebungen von Investitions- und langfristigen Konsumentscheidungen geführt haben. Einzig der umgekehrte Effekt aus dem Außenbeitrag könnte die BIP-Veränderungsrate rein statistisch nach oben bringen. Damit gäbe es eine „technische Rezession“, die sich durch zwei aufeinander folgende negative Quartale definiert. Grundsätzlich würden wir die Situation aber eher als Stagnation bzw. in Verbindung mit einer erhöhten Inflation als Stagflation bezeichnen, da wir für das Gesamtjahr ein Wachstum von 0,5% prognostizieren.
Aufgrund der erratischen Politik der US-Administration und der offensichtlichen Bereitschaft, eine Phase der „Übergangszeit“ in Kauf zu nehmen, sehen wir aber auch das Risiko für eine „handfeste“ Rezession, vergleichbar mit der Corona-Pandemie oder der Finanzkrise, deutlich erhöht.
Prognosen auf einen Blick

Exkurs: Politikfokus macht Prognosen schwer
Der extreme Politikfokus macht Vorhersagen derzeit schwer und die Prognosegüte nimmt ab. Es sind aber genau diese Themen, die die Konjunktur im Wesentlichen treiben werden. Was Trump als Nächstes machen wird und wo der Unterschied zwischen Drohung und Ankündigung liegt, ist kaum auszumachen. Nach den Ereignissen der letzten Wochen bleibt aber festzuhalten, dass man nicht auf ein – im Sinne des klassischen Mainstreams – ökonomisch rationales Verhalten setzen kann.
Er scheint davon überzeugt zu sein, dass der Rest der Welt die USA ausnutzen würde und das Handelsbilanzdefizit Ausdruck dessen sei. Der US-Dollar sei aufgrund seiner Rolle als Weltreservewährung ungewöhnlich stark und schwäche deshalb die US-Exportwirtschaft. Um dem entgegen zu wirken, brauche es Zölle, um wieder „faire“ Bedingungen herzustellen. Insbesondere möchte er die Industrie in die USA zurückholen und in die „alte Zeit“ zurückkehren.
Auch wenn einzelne Aspekte richtig sind, ignoriert diese Sicht die Entwicklung der Globalisierung hin zu einer extrem arbeitsteiligen Welt. Daher wird Trump von der Realität eingeholt, z.B. in Form von CEOs großer US-Autohersteller, die erklären, dass Autoteile mehrfach Landesgrenzen passieren bis letztlich das fertige Fahrzeug entsteht. Auch gibt es importierte Vorprodukte, die nach Fertigstellung wiederum exportiert werden. So kommt es dann zu kurzfristigen Ausnahmen und Verschiebungen von Zolleinführungen. Dieses Hin und Her stiftet jedoch Verunsicherung und gefährdet die herausragende US-Konjunktur.
Außerdem berücksichtigt diese Sicht nicht, dass die größten US-Unternehmen inzwischen nicht mehr aus der Industrie, sondern aus der Digitalwirtschaft kommen. Arbeitsplätze in diesem Bereich sind deutlich produktiver. Bei annähender Vollbeschäftigung und Zuwanderungsstopp würde ein künstlicher Industrieaufbau also produktivitätsmindernd wirken. Zudem fallen Exporte dieser Digitalunternehmen nicht in die Handels-, sondern in die Dienstleistungsbilanz. Diese ist für die USA deutlich im positiven Bereich.
Des Weiteren verkennt Trumps Weltanschauung die Tatsache, dass im Außenhandel die Zahlungsbilanz immer ausgeglichen sein muss. Zwar ist die Leistungsbilanz (Summe aus Handels- und Dienstleistungsbilanz) negativ, doch steht dieser die Kapitalbilanz gegenüber. Das Defizit kann also nur existieren, weil extrem viel Kapital in die USA fließt. Amerikanische Aktien und Anleihen in US-Dollar erschienen für das Ausland als attraktive Investition. Dies ermöglichte den USA das Leistungsbilanz- und Staatsdefizit und den US-Amerikanern letztlich einen Konsum- und Lebensstil über ihren Verhältnissen. Eine Abkehr davon muss folglich den Wohlstand schmälern.
Zusammengefasst lässt sich die Politik der neuen US-Administration nicht mit klassischen Erkenntnissen der Ökonomie begründen. Ob das unkonventionelle Vorgehen erfolgreich ist, muss ernsthaft angezweifelt werden, kann aber auch noch nicht gänzlich ausgeschlossen werden.