Was ist passiert und warum?
In der Nacht auf den 13.06.2025 hat Israel die Operation „Rising Lion“ gestartet und Ziele im Iran angegriffen. Die großangelegten Luftangriffe galten insbesondere iranischen Atomanlagen und Militärstützpunkten. Dabei wurden hochrangige Militäroffiziere und Nuklearwissenschaftler getötet.
Die Lage zwischen den beiden Ländern ist schon lange angespannt und hatte seinen letzten Höhepunkt im Oktober 2024, als der Iran Israel zum zweiten Mal direkt mit Raketen beschoss. Den jetzigen Angriff begründet Netanjahu damit, dass der Iran nun kurz davorstehe, genügend hoch angereichertes Uran für mehrere Bomben zu besitzen. In der Logik vom „jetzt oder nie“ sollte das Atomprogramm zerstört oder zumindest signifikant verzögert werden. Eigenen Angaben zufolge wurde das Programm um 1 bis 2 Jahre zurückgeworfen. Der Iran befand sich in Atomverhandlungen und fasste den Angriff als Kriegserklärung auf, weshalb er entsprechende Gegenschläge einleitete.
Wie waren die Reaktionen am Kapitalmarkt?
Die Aktienmärkte reagierten vergleichsweise kühl. Der DAX gab über Nacht weniger als 1,5 Prozent ab und der S&P500 kaum 1 Prozent. Ähnlich sieht es auf Wochenbasis aus. Die Auswirkungen auf die Weltwirtschaft werden vom Markt also als gering eingeschätzt.
Sehr wohl waren dagegen Bewegungen beim Ölpreis zu sehen. Dieser sprang binnen weniger Stunden teils um über 4 Prozent auf rund 76,00 US-Dollar pro Barrel. Noch eine Woche zuvor, also bevor sich bereits eine mögliche Eskalation abgezeichnet hatte, lag der Preis noch bei rund 65,00 US-Dollar. Über eine Woche gesehen beträgt der Anstieg also sogar über 15 Prozent.
Der Iran hat seine Ölförderung in den letzten Jahren – trotz westlicher Sanktionen – kontinuierlich hochgefahren. Inzwischen hat das Land einen Anteil von etwa 4 bis 5 Prozent an der globalen Ölproduktion. Damit steht es innerhalb der OPEC an dritter Stelle. Außerhalb dieses Kartells sind noch die USA, Russland und Kanada größere Produzenten.
Dramatischer als der mögliche Ausfall als Lieferant wäre aber eine Blockade der Straße von Hormus. Rund 20 bis 25 Prozent der weltweiten Ölexporte gehen durch die Meerenge, die den Persischen Golf mit dem Rest des Indischen Ozeans verbindet. Bei Flüssiggas (LNG) beträgt der Anteil sogar rund ein Drittel.
Gibt es Auswirkungen auf die Zinsen?
Die unmittelbaren Bewegungen an den Rentenmärkten waren verhalten. Allerdings kommt es nun darauf an, wie sich der Ölpreis in den kommenden Monaten verhält. Sollte er bis Jahresende bei rund 80,00 US-Dollar verharren, müssten die Inflationsprognosen nach oben angepasst werden. Dies könnte den einen von uns bislang prognostizierten weiteren Zinssenkungsschritt der Europäische Zentralbank (EZB) in 2025 torpedieren. Zumal ein starker Euro und niedrige Energiepreise Kernannahmen im EZB-Basisszenario sind.
Für die amerikanische Notenbank (Fed) dürfte es etwas weniger ausschlaggebend sein. Zum einen rechnete sie ohnehin mit einer wieder ansteigenden Teuerungsrate durch die Zölle. Zum zweiten hat sie einen verstärkten Blick auf die Kerninflation, welche Energiepreise ausklammert. Und zum dritten dürften in der aktuellen Phase Zinssenkungen in den USA eher über die Entwicklungen am Arbeitsmarkt begründet werden.
Wie könnte es weitergehen?
Grundsätzlich verschärft die jüngste Eskalation die ohnehin angespannte Weltlage und die geopolitischen Risiken weiter. Dabei kann das Pendel zu zwei Seiten ausschlagen. Bei einer Ausweitung des Konflikts (z. B. durch eine Blockade der Straße von Hormus) könnten weitere Länder (z. B. USA, Saudi-Arabien, China, Russland) involviert werden. Die Energiepreise könnten dramatisch ansteigen und zu einer weltweiten Rezession führen. Auf der anderen Seite könnte das Mullah-Regime aber auch militärisch und wirtschaftlich so geschwächt werden, dass es zu einem Umsturz kommt. Trotz kurzfristiger Unsicherheit könnte damit langfristig mehr Stabilität in der Region einkehren.
Fazit
Die jüngste Eskalation zwischen Israel und Iran bewegt uns nicht zu einer grundsätzlichen Anpassung der Anlagestrategie. Hier und heute eine Prognose über den weiteren Verlauf abzugeben, erscheint nicht möglich und nur begrenzt hilfreich. Leider müssen wir nicht erst seit dieser jüngsten Eskalation zur Kenntnis nehmen, dass uns Planbarkeit und Verlässlichkeit auf der geopolitischen Ebene weitgehend abhandengekommen sind. In einer eher taktischen Sichtweise bleiben wir zurückhaltend bei Aktien und setzen Akzente im Bereich von Rohstoffen/Gold, Ergänzungsanlagen und Unternehmerischen Beteiligungen. Eine robuste Aufstellung, zu der selbstverständlich auch Aktien gehören, bleibt damit das Credo der jetzigen Zeit.