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Schimmers Kolumne

Naheliegend, aber riskant …

Zuhause ist, wo das Depot divers ist

Die Zahl der Singles nimmt hierzulande Jahr für Jahr zu, die höchste Rate von Einpersonenhaushalten weisen dabei Hamburg und Berlin auf. Steckt hinter diesem Trend am Ende schlicht Angst vor zu großer Nähe? Hier eine Diagnose zu wagen, fällt definitiv nicht in unser Kompetenzspektrum.

Dass Nähe in Form von Informationen und Transparenz Vorteile bringt, wenn es um den Erwerb von Immobilien oder direkten Unternehmensbeteiligungen geht, können wir dagegen bestätigen. Eigentums- oder steuerrechtliche Eigenheiten im Ausland werden immerhin leicht zu Stolpersteinen für Investoren. Gegen den Hang zur Nähe ist sicher auch nichts einzuwenden, wenn es um Urlaubsziele geht – zwischen Nordseeküste und den Alpen finden sich schließlich zahllose Flecken mit hohem Erholungswert.

Wenn es allerdings um die Zusammensetzung von Aktien-Portfolios geht, dann sollte allzu große Heimatverbundenheit eher vermieden werden. Und dass, obgleich der stürmische Höhenflug des DAX im ersten Halbjahr 2025 dazu hätte verlocken können, deutsche Aktien heftig überzugewichten.

„Home Bias“ lautet einer der zahlreichen Anglizismen im Finanzwesen, und diese Voreingenommenheit für die Heimat rächt sich gewöhnlich auf lange Sicht, das belegen zahllose Studien. Es bleibt dabei: Monokulturen sind anfällig, Vielfalt steht für Robustheit. Und wenn es um Aktien geht, gilt dies sowohl für Branchen als auch für Weltgegenden.

Sicher, die Gewichtung der Titel nach Marktkapitalisierung innerhalb von Aktienindizes ist grundsätzlich nicht unvernünftig … aber eben nicht in jeder Phase punktgenau.

Es gibt bekanntlich Übertreibungen, die erst über die Zeit wieder geglättet werden. Dass etwa innerhalb des MSCI World, der mehr als 1.300 Aktien aus 23 entwickelten Ländern abbildet, einzelne Titel weit überproportional vertreten sind, ist gut begründbar. Wenn etwa die Nvidia Corporation mit einem Anteil von rund 5 Prozent unter besagten über 1.300 Unternehmen ein gewaltiges Übergewicht für sich verbucht, dann weil der US-amerikanische Hersteller von Grafikprozessoren und Chipsätzen eine herausragende Rolle für den Megatrend Künstliche Intelligenz spielt.

Aber so herausragend? Dermaßen mega?

Und überhaupt: Wenn ein so breit angelegter Index wie der MSCI World ein so massives Übergewicht von amerikanischen Tech-Werten aufweist, dann stellt sich die Frage, ob die zugrundeliegende Mechanik nicht besser sachte zurechtgerückt werden sollte. Abgesehen von SAP hat Deutschland ja keinen Mitspieler im internationalen Format aufzuweisen, aber eine solch heftige Fokussierung auf ein Land und eine Branche lässt dann doch berechtigte Fragen aufkommen: Zeichnet sich da nicht die Bildung von Klumpenrisiken ab und gerade nicht mehr die ausgewogene Berücksichtigung des weltweiten Universums an führenden Unternehmen?

Wenn es also im Portfolio durch die steilen Kursanstiege US-amerikanischer Tech-Werte in den zurückliegenden Jahren zu deren geballter Präsenz gekommen ist, sollte durchaus eine Anpassung ins Auge gefasst werden – eine Korrektur mit Augenmaß, nicht etwa ein radikales Zurückstutzen.

„Rebalancing“ – und damit sind wir bei einem weiteren Anglizismus – lautet das Stichwort. Das sogenannte passive Investieren hat seine Vorteile, und die liegen schlichtweg darin begründet, dass sich Märkte auf lange Sicht selbst korrigieren: Zu guter Letzt kommen der Kurs einer Aktie und ihr fundamentaler Wert zur Deckung, unterbewerteten Titeln widerfährt an der Börse ebenso Gerechtigkeit wie überbewerteten.

André Kostolany, der im vergangenen Jahrhundert in deutschen Medien als „Börsen- Guru“ gefeiert wurde, verglich diesen Prozess einmal treffend mit einem Spaziergang von Herrchen und Hund: Mal läuft der Hund voraus, dann bleibt er wieder weit zurück, aber am Ende kommen beide gleichzeitig zu Hause an. Ganz so ergehe es dem Kurs und dem intrinsischen Wert einer Aktie, so Kostolany. Dasselbe gilt für Branchen und Weltgegenden. Heute entfallen über 70 Prozent des MSCI World auf die USA. Und diese Dominanz wird auch in Zukunft bestehen bleiben oder gar ausgebaut?

Zweifel sind angebracht, wenn man einen Blick zurück wirft. Zum Ende der 80er-Jahre des 20. Jahrhunderts war beispielsweise Japan der unangefochtene Star der internationalen Aktienmärkte, dann kam 1990 … und es ging steil bergab. Also doch lieber im Lande bleiben, sich redlich nähren und in DAX-Titel investieren? Das wäre definitiv die falsche Botschaft und würde das Risiko-Niveau des Portfolios in die Höhe schrauben.

Für solche Fragen ist ein Gespräch mit Ihrer persönlicher Beraterin oder Ihrem persönlichen Berater genau der richtige Ort.
Und dies ist eine Form von Nähe, die wir ausdrücklich empfehlen und die Sie auch sehr gerne suchen sollten.

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