Wochenausblick Aktien: Wie passt der DAX zum Makro-Umfeld?
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Der DAX hat diese Woche die historische Marke von 20.000 Punkten überschritten. Dies steht im krassen Gegensatz zur trüben Stimmung und den stagnierenden makroökonomischen Indikatoren in Deutschland. Die jüngste Entwicklung ist dabei nicht auf ein spezifisches Ereignis zurückzuführen. Es gab keine wesentlichen neuen Unternehmenszahlen. Auch verzögerte Effekte aus der US-Wahl wirken als Erklärung weit hergeholt, da diese inzwischen einen Monat her ist. Wahrscheinlich erscheint deshalb, dass Investoren den Dezemberbeginn zum Aufräumen und zur Neupositionierung für das kommende Jahr genutzt haben. Mit einem Schritt zurück sieht man, wie günstig die europäischen Unternehmen im Vergleich zu US-Amerikanischen Titeln bewertet sind. Die DAX-Konzerne sind sehr international ausgerichtet und daher nur beschränkt von der Binnenwirtschaft abhängig. Viele der Unternehmen sind gut diversifiziert mit Produktionsstätten in den drei großen Absatzmärkten Amerika, EMEA (Europe, Middle-East, Africa) und Asien, weshalb US-Zölle weniger weitreichend sein könnten als zunächst befürchtet. Auch könnte die politische Situation besser bewertet werden als in Frankreich, wo ein politischer Stillstand droht. Hierzulande scheinen zumindest die Neuwahlen im Februar gesetzt. Damit hat der DAX auf Jahressicht zuletzt an Boden gegenüber dem S&P 500 gutgemacht.
Diese Erklärungsversuche zeigen jedoch, dass die jüngste Entwicklung nicht nachhaltig sein muss. Der Rückblick auf die Makrodaten verdeutlicht, dass der deutsche Einzelhandel im Oktober mit einem Minus von 1,5 % zum Vormonat rückläufig war. Auch die Auftragseingänge in der Industrie haben sich im gleichen Maß gedrosselt. Insgesamt spricht dies dafür, dass die Wertschöpfung im vierten Quartal – aber wohl auch im kommenden Jahr – schwach ausfallen wird. Da erscheint die reduzierte Wachstumsprognose auf 0,7 % für 2025 durch die OECD fast schon optimistisch.
Jenseits des Atlantiks sorgte der überraschend gefallene Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor für rückläufige Zinsen. Die Renditen 10-jähriger US-Staatsanleihen fielen um rund 0,1 Prozentpunkte. Grund zur ernsthaften Sorge gibt es aber nicht, da das entsprechende Pendant für die Industrie unerwartet deutlich zulegte.
Beunruhigend ist dagegen der Fakt, dass inzwischen drei Demokratien innerhalb kürzester Zeit wegen Auseinandersetzungen über den Haushalt in eine Regierungskrise taumelten. Nach dem Ampel-Aus aufgrund unterschiedlicher Ansichten zur Schuldenbremse folgte Südkorea mit einer Verzweiflungstat des Präsidenten Yoon angesichts der Blockade des Haushaltsbudgets der Regierung. Zuletzt unterlag in Frankreich Barniers Minderheitsregierung dem Misstrauensvotum, das sich ebenfalls auf Budgetfragen begründete. Zumindest letzteres Ereignis wurde jedoch erwartet und das Szenario verlor deshalb seinen Schrecken für den Markt.
Wie geht es weiter?
Morgen steht mit dem US-Arbeitsmarktbericht einer der wichtigsten ökonomischen Datenpunkte an. Mit rund 200 Tausend neuen Stellen und einem minimalen Anstieg der Arbeitslosenquote auf 4,2 % werden vom Markt keine großen Veränderungen erwartet. Bleiben Überraschungen aus, scheint damit eine Zinssenkung von 0,25 Prozentpunkten durch die Fed wahrscheinlich. Im Euroraum dürfte angesichts der noch immer leicht erhöhten Inflation ein „großer“ Zinsschritt vom Tisch sein. Wir gehen davon aus, dass die EZB nächste Woche den Einlagesatz um 0,25 Prozentpunkte reduziert. Beides scheint am Anleihemarkt aber bereits eingepreist zu sein.
Am deutschen Aktienmarkt sehen wir die jüngste Entwicklung bei einigen Titeln als wenig nachhaltig an. Die Gelegenheit kann genutzt werden, um Teilgewinne zu realisieren und so Übergewichte abzubauen. Die aus der Rotation oder aus laufenden Erträgen generierte Liquidität kann für neue Chancen bewahrt werden, die sich im kommenden Jahr ergeben.
Insgesamt bleibt eine internationale Aufstellung ratsam. Hier lohnt sich auch der Blick auf Fremdwährungen außerhalb des Euros.
Stand 05.12.2024