Warten auf die Trendwende – Preisfindung an den Immobilienmärkten dauert weiter an

Die ersten 6 Monate des Jahres sind vorbei und am gewerblichen Immobilienmarkt lässt sich der typische Kater nach einem rauschenden Fest beobachten. Der zwölfjährige Superzyklus am Investmentmarkt ist vorüber. Getrieben durch die sinkenden Zinsen und das Wegfallen von renditetragenden Alternativen auf der festverzinslichen Seite schienen die Kapitalströme in Immobilien lange Zeit unerschöpflich zu sein.
Steiler Zinsanstieg beendet Immobilien-Hausse
Mit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine und dem eingeleiteten Zinserhöhungszyklus der großen Notenbanken in den USA, Europa und Großbritannien kühlten die Transaktionsmärkte merklich ab. Mit jeder einzelnen Zinserhöhung steigt der Druck auf die Anfangsrenditen, weil Staats- und Unternehmensanleihen an Attraktivität gewinnen, während sich gleichzeitig die Finanzierungskonditionen kontinuierlich verschlechtern. Als Resultat ist die Spitzennettoanfangsrendite für hochklassige Büroobjekte seit April 2022 um rd. 150 Basispunkte auf 3,9% gestiegen.
Schwieriges Umfeld für Investmentmärkte
Der nominale Abstand zu 10-jährigen deutschen Staatsanleihen hat sich jedoch mit 150 Basispunkten deutlich eingeengt. Vor Kriegsbeginn und der Zinswende betrug er noch mehr als 270 Basispunkte. Und auch in Relation zu den Finanzierungszinsen inklusive der Bankmarge klafft aktuell noch eine Lücke, wodurch sich für die fremdkapitallastige Anlageklasse Immobilie kein positiver Hebeleffekt darstellen lässt. An den Investmentmärkten führt dieses gewandelte Marktumfeld zu einer merklichen Zurückhaltung sowohl auf der Käufer- als auch der Verkäuferseite. Die einen wollen keine signifikanten Preisabschläge beim Verkauf akzeptieren, die anderen nicht zum vielerorts alten Preisniveau einkaufen. Laut den Zahlen des Immobiliendienstleisters JLL fiel das Transaktionsvolumen des 1. Halbjahres 59% niedriger aus als noch im Vorjahr und bewegt sich auf dem Niveau von 2012. Die von vielen Marktteilnehmern prognostizierte und herbei gesehnte Erholung blieb somit aus und wird sich wohl frühestens im nächsten Jahr materialisieren.
Verkaufsdruck dürfte zunehmen
Die Dynamik eines Annäherungsprozesses dürfte im weiteren Jahresverlauf aber an Fahrt aufnehmen, da der Kapitaldruck auf Verkäuferseite infolge der hohen Betriebskosten und des Refinanzierungsbedarfs zunehmen dürfte. Daraus ergeben sich insbesondere für eigenkapitalstarke Investoren interessante Opportunitäten. Die notwendigen Preisabschläge dürften sich dann im Rahmen von 20 bis 30% bewegen. Klarheit wird es aber erst mit der Stabilisierung des Zinsniveaus geben.
Fazit: Zwar scheint sich der Preisnebel langsam zu lichten, jedoch haben sich die Anforderungen und der Bedarf an Immobilien in den letzten Jahren erheblich gewandelt. Dies dürfte in den kommenden Jahren zu einer stärkeren Ausdifferenzierung zwischen Lagen, Objektequalitäten und Nutzungsarten führen und macht eine sorgfältige Selektion und ein professionelles Asset Management für ein erfolgreiches Immobilien-Investment unabdingbar.