Neuseeland dürfte Leitzinsgipfel erreicht haben

.
Die Reserve Bank of New Zealand (RBNZ) erhöhte die Official Cash Rate (OCR) erwartungsgemäß um 25 Basispunkte auf 5,50% und signalisierte, dass dies der letzte Zinsschritt gewesen sein dürfte.

In den aktualisierten Projektionen der RBNZ hat die OCR den Hochpunkt mit 5,50% erreicht. Sie dürfte rund ein Jahr auf diesem Niveau verharren, ehe in der zweiten Jahreshälfte 2024 erste vorsichtige Leitzinssenkungen angenommen werden. Die Notenbank geht davon aus, dass die Geldpolitik auf absehbare Zeit restriktiv bleiben muss.
Inflationsrate weit über dem Zielkorridor

Die den gesamten Warenkorb erfassende Headline-Inflationsrate hat den Hochpunkt überschritten, nimmt bisher aber nur langsam ab. Sie lag im 1. Quartal mit 6,7% weit über dem von 1% bis 3% reichenden Zielkorridor. Die ohne Energie- und Nahrungsmittel berechnete Kernrate lag bei 5,5%.
Die Headline-Inflation soll gemäß der RBNZ-Projektion bis Ende 2023 auf 4,9% zurückgehen, Ende 2024 bei 2,5% liegen und den Zielwert von 2,0% im zweiten Halbjahr 2025 erreichen.
Die RBNZ rechnete in ihrer Projektion vom Mai mit durchschnittlichen Headline-Inflationsraten von 6,7% in 2023, 4,3% in 2024, 2,3% in 2025 und 2,0% in 2026. Zugrunde gelegt ist hier nicht das Kalenderjahr, sondern das im März endende Fiskaljahr.
Tourismus brachte Wachstum zurück
Nach einem schwachen Jahresauftakt 2022 kehrte Neuseeland im Sommerhalbjahr mit sehr starken Wachstumsraten des Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf den Wachstumspfad zurück.
Ursächlich war der Tourismus-Boom nach der Wiederöffnung der Landesgrenzen, die pandemie-bedingt längere Zeit geschlossen waren. Der Aufschwung wurde getragen von den Dienstleistungen, die für rund zwei Drittel des BIP stehen.

Im Schlussquartal schrumpfte das BIP allerdings deutlich, so dass sich die Wachstumsrate des BIP im Gesamtjahr 2022 auf 2,4% belief.
Rezessionssommer 2023
Die Notenbank geht davon aus, dass die kräftigen Leitzinsanhebungen die gesamtwirtschaftliche Nachfrage spürbar dämpfen und die Arbeitslosenquote steigt. Vor diesem Hintergrund dürfte dem erfreulichen Jahresauftakt im Sommerhalbjahr eine leichte Rezession folgen. Erst Anfang 2024 wird die Wirtschaft gemäß der RBNZ-Projektion wieder Fahrt aufnehmen.
Im Gesamtjahr 2023 dürfte das neuseeländische BIP Dank des statistischen Überhangs aus dem Vorjahr um etwa 1% wachsen. Auf Basis der Quartalsprojektionen der Notenbank wird das BIP 2024 um etwa einen halben Prozentpunkt und 2025 um gut 2% zulegen.
Haushaltsdefizite nehmen ab
Das Haushaltsdefizit dürfte von 2,6% im Vorjahr wieder deutlich sinken. Die Notenbank schätzt die Fehlbeträge für 2023 auf 1,3%, für 2024 auf 0,8% und für 2025 auf 0,5% des BIP. Für 2026 wird ein leichter Überschuss erwartet.
Leistungsbilanz defizitär
Der Schwachpunkt des neuseeländischen Datenkranzes bleibt die chronisch defizitäre Leistungsbilanz. Sie dürfte 2023 eine Unterdeckung von 8,5% des BIP aufweisen. Danach sollen sich die Defizite nach Einschätzung der RBNZ auf 8,9% in 2024, 6,7% in 2025 sowie 5,1% in 2026 belaufen.
Kiwi schwach

Der Neuseeland Dollar („Kiwi”) begann im Dezember 2022 eine Talfahrt, die erst Ende April auslief. Im Mai setzte eine kräftige Erholung ein, die allerdings abrupt endete, als die Notenbank das Erreichen des Leitzinsgipfels signalisierte. Seit Jahresbeginn liegt gegenüber dem Euro rund 4% hinten.
Fazit: Die kurzfristig eingetrübten Wachstumsperspektiven und die mittlerweile fehlende Leitzinsphantasie dürften dem Neuseeland Dollar die Fortsetzung der Erholung erschweren.
