Gold im Spannungsfeld

veröffentlicht am 16. Februar 2023

Gold im Spannungsfeld

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Der Preis für die Feinunze Gold durchlief im vergangenen Jahr eine ausgeprägte Berg- und Talfahrt. Unmittelbar nach dem Beginn von Putins Krieg schnellte er über die Marke von 2.000 USD. Im Zuge der in den USA beginnenden Serie von Leitzinserhöhungen fiel er bis zum im Herbst auf rund 1.600 USD zurück, ehe es angesichts sinkender Inflationsraten zum Jahresende wieder bergauf ging.

Im Gesamtjahr 2022 büßte der Goldpreis in US-Dollar gerechnet 0,4% ein. Da der Euro zum Dollar jedoch um rund 6% abwertete, ergab sich auf Euro-Basis ein Plus von 6,2%.

Gold belastet durch höhere Renditen
Zieht man von den aktuellen Renditen die Inflationsrate ab, erhält man die Realverzinsung. Sie ist seit Jahren negativ und dürfte es auch noch einige Zeit bleiben.

Stellt man den aktuellen Renditen jedoch die Inflationserwartungen gegenüber, so ist diese Variante der Realverzinsung nach dem kräftigen Renditeanstieg wieder klar positiv. Aus diesem Blickwinkel ist die Phantasie für das gelbe Metall begrenzt. Steigende Renditen bei abnehmenden Inflationssorgen dürften daher eher für Gegenwind sorgen.

Gold profitiert von Verunsicherungen
Der Krieg in der Ukraine, die anhaltende Rivalität zwischen den USA und China und die Neuorientierung von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft im Zuge der „Zeitenwende“ dürften für ein erhöhtes Maß an Verunsicherung sorgen. Dadurch sollte die Nachfrage nach Gold als „sicherer Hafen“ gestützt werden.

Ende des Leitzinsanstiegs in Sicht
Die Zinswende der Notenbanken hat den Goldpreis im vergangenen Jahr sehr stark unter Druck gesetzt. Mittlerweile nähern sich die Leitzinsen in vielen Ländern jedoch ihrem Hochpunkt, so dass die Zinsbelastungen abnehmen sollten. Rückläufige Leitzinsen erwarten wir in diesem Jahr nicht, so dass eine mögliche Zinsunterstützung für den Goldpreis frühestens 2024 auftreten könnte.

Goldnachfrage boomte 2022
Im vergangenen Jahr erfreute sich das gelbe Metall einer boomenden Nachfrage. Sie wuchs um 18% auf 4.741 Tonnen (t). Das Goldangebot stieg nach Angaben des World Gold Council um 2% auf 4.755 t. Sowohl die Minenproduktion als auch die Recyclingaktivitäten legten um jeweils 1% auf 3.612 bzw. 1.144 T zu.

Notenbanken als starke Nachfrager
Am rasantesten entwickelten sich 2022 die Käufe der Notenbanken: Sie erreichten mit 1.136 t (+152%) den höchsten Stand seit Beginn der Aufzeichnungen 1950. China stockte seine Bestände um 62 t auf 2.000 t auf. Die Türkei kaufte sogar 148 t und verfügt derzeit über 542 t. Zu den Verkäufern zählte Kasachstan, das seine Bestände um 51 t auf 352 t reduzierte.

Die globale Nachfrage nach Goldschmuck ging um 3% auf 2.086 t zurück. China und Indien sind zwar weiterhin die bedeutendsten Märkte für den Handel mit Goldschmuck. Die Käufe gingen jedoch in Indien auf 600 t (-24%) und China auf 571 t (-15%) kräftig zurück.

Für Investmentzwecke wurden netto 1.107 t (+10%) erworben. Während die Aufträge für Barren und Münzen um 2% auf 1.217 t zulegten, flossen weitere 110 t aus den mit Gold unterlegten börsengehandelten Fonds (Gold-ETFs) ab.

Im Technologiesektor wurden 309 t Gold (-7%) nachgefragt, der Großteil ging mit 252 T (-7%) wieder in die Produktion von Elektronik.

Wie geht es weiter?
Das World Gold Council geht davon aus, dass die Investmentnachfrage mit den zuletzt weniger gefragten Gold-ETFs erneut kräftig anzieht. Die Käufe der Notenbanken dagegen dürften kaum noch einmal so hoch ausfallen wie 2022. Sowohl die Schmucknachfrage als auch das Goldangebot sollten leicht steigen.

Gegenwind wird der Goldpreis von einer höheren Realverzinsung und einem möglichen weiteren Dollar-Anstieg erfahren. Goldpreis-stützend sollten sich dagegen die Unsicherheiten rund um Putins Krieg sowie die anhaltenden Spannungen zwischen den USA und China erweisen.

Fazit: Das gelbe Metall profitiert von hohen Inflationsraten und geopolitischen Unsicherheiten, leidet jedoch unter steigenden Renditen und einem festen Dollar. In diesem Spannungsfeld sollte sich der Preis für die Feinunze Gold unter ausgeprägten Schwankungen im Bereich um 1.800 USD bewegen.